Naturgefahren schliessen alle Vorgänge und Einwirkungen der Natur ein, die Schäden an Menschen und an Sachwerten verursachen können.
Die Schweiz ist oft von Hochwasser, Stürmen, Erdrutschen und Schneelawinen betroffen. Bisher weniger häufig waren Trockenheit, Hitze- oder Kältewellen. Steinschlag und Felsstürze haben in der Regel lokale Bedeutung. Mit dem Klimawandel können Naturereignisse häufiger werden und grössere Gebiete betreffen.
Starke Erdbeben sind selten; wie die Geschichte zeigt, können sie aber auch in der Schweiz vorkommen.
Als Naturkatastrophe gilt aus heutiger Sicht ein (natürlich oder technisch bedingtes) Ereignis mit einem überaus grossen Schadenausmass. Dieses geht deutlich über Schadenereignisse des täglichen Lebens hinaus und gefährdet oder behindert dabei Leben und Gesundheit zahlreicher Menschen, erhebliche Sachwerte oder lebensnotwendige Versorgungsmassnahmen. Das davon betroffene Gebiet (System) kann sich nicht selber, sondern nur wenn ihm von aussen Hilfe in Form von massiven Eingriffen zuteil wird, wieder erholen. Fehlt diese Hilfe, so kommt es zu bleibenden, schwerwiegenden Veränderungen des Systems.
In allen Epochen der Menschheitsgeschichte spielten Grossereignisse von katastrophalen Ausmassen eine wichtige Rolle für die Entwicklung der betroffenen Gesellschaft. Im Phänomen Naturkatastrophe treffen Natur und Mensch aufeinander, denn erst wenn sich ein Naturereignis in einem gesellschaftlich genutzten Raum abspielt, ergibt sich daraus eine Katastrophe. Dabei sind die Wahrnehmung des Ereignisses durch die Betroffenen und seine Wertung als Katastrophe ausschlaggebend.
Im 18. und 19.Jh. häuften sich Naturereignisse mit teils verheerenden Auswirkungen auf Menschen und ihr Hab und Gut. Aber auch im 20.Jh. wurde der Alpenraum mehrmals von Naturkatastrophen heimgesucht.
Naturkatastrophen, auch von verheerendem Ausmass, hat es in der Schweiz schon immer gegeben. Da die Siedlungen immer dichter und die Sachwerte immer grösser werden, hat in den vergangenen Jahrzehnten das Schadenausmass bei vergleichbarer Natureinwirkung erheblich zugenommen.
Wie kommt es dazu?
Die Gesteine sind einem natürlichen Verwitterungsprozess ausgesetzt. Erdbewegungen und chemische Lösungsprozesse verursachen feine Risse und Spalten. In diese dringt nach und nach Wasser ein. Durch den Wechsel von Gefrieren und Auftauen wird das Gestein anschliessend regelrecht gesprengt (Frostsprengung). Es lockert sich und kommt durch Erschütterungen oder durch das Eigengewicht ins Rollen.
In Abhängigkeit von Hangneigung und Oberflächenrauhigkeit bewegt sich das Stein- und Blockschlagmaterial auf der Sturzbahn fallend, springend und rollend sowie teilweise gleitend zu Tal. Dabei werden Geschwindigkeiten in der Grössenordnung von 20 bis über 100 km/h beobachtet.
Beim Felssturz stürzen grössere Gesteinspakete ab. Ein einzelnes Felssturzvolumen kann 100 bis 100’000 m3 umfassen. Die Geschwindigkeit eines Felssturzes kann gegen 150 km/h erreichen.
Bei Hangneigungen unter ca. 25-30° kommen die Steine und Blöcke meistens zum Stillstand. Im Auslaufbereich bilden sich oft Schutthalden oder Schuttkegel.
Ursachen
1. Art des Gesteins
2. Verwitterung des Gesteins
3. Auftauen von Perma-
frostbereichen
4. Wasserdruck
5. Temperaturextreme
6. Hangneigung > 30°
Welche Schäden treten auf?
Angesichts der hohen Geschwindigkeiten kann bereits ein Steinschlag mit relativ kleinen Steinen tödlich sein. Grössere Steine und Blöcke haben auf ihrer Sturzbahn generell eine hohe Zerstörungskraft, die erst beim Ausrollen kurz vor dem Stillstand abnimmt. Bei Felsstürzen führen die grossen Massen zu Überschüttungen und zu Zerstörungen und Geländeveränderungen auf grösseren Flächen.
Stein- und Blockschlag tritt oft plötzlich und ohne vorankündigende Ereignisse auf. Die Vorwarnzeit ist daher so kurz, dass kaum Zeit für eine Evakuation bleibt. Ein Felssturz hingegen kündigt sich gelegentlich durch vermehrte Stein- und Blockschlagaktivität einige Tage oder Wochen vorher an. So können entsprechende Notmassnahmen eingeleitet werden.
Die Schäden am Wald selbst sind abhängig von Geschwindigkeit und Grösse der Steine. Sehr dünne Bäume weichen beim Kontakt mit Steinen aus. Die dickeren Bäume können je nach Energie der Steine verletzt oder gebrochen werden.
Welche Wirkung hat der Wald?
Die Waldbäume bremsen oder stoppen abstürzende Steine und halten mit der Wurzelschicht den Boden zusammen.
Herausforderungen
Lösungen
Wie kommt es dazu?
Eine Schneedecke ist kein ruhig daliegendes Gebilde. Aufgrund ihrer Verformbarkeit befindet sich die gesamte Schneedecke dauernd in einer langsamen Kriechbewegung in Fallrichtung des Hanges. Die Kräfte, die in einer Schneedecke wirken, entstehen in erster Linie aus ihrem Eigengewicht. Wenn die Kräfte zwischen zwei Schichten oder parallelen Bewegungen gegeneinander wirken, entstehen Scherkräfte. Zusätzliche Belastungen im Anrissgebiet, z.B. durch Skifahrer, bewirken plötzliche Spannungsveränderungen. Beides kann der Auslöser für die Bildung eines Initialrisses sein. Bei einer typischen Skifahrerlawine setzt sich dieser mit bis zu 100 m/sec fort. Sobald das Schneebrett durch weitere Sekundärrisse im Randbereich vollständig abgelöst ist, fängt es an zu gleiten und kann dabei als Schneebrett (Fliesslawine) Geschwindigkeiten bis zu 100 km/h erreichen.
Ursachen
Welche Schäden treten auf?
Im Mittel der letzten 20 Jahre kamen pro Jahr 22 Menschen in Lawinen ums Leben. Die meisten Lawinenopfer starben im freien Gelände bei der Ausübung eines Schneesportes. Lawinen verursachen aber auch riesige Schäden an Gebäuden, Infrastrukturen und Wäldern. Die Lawinengefahr wird europaweit mit einer einheitlichen Lawinengefahrenskala eingestuft. Mit dem Ansatz des integralen Risikomanagements versucht man, die Lawinengefahr zu kontrollieren. (nach A.Schilling, SLF)
Welche Wirkung hat der Wald?
Im Bergwald entstehen kaum Lawinen. Der Wald hält Schnee zurück und sorgt für eine ausreichende Oberflächenrauhigkeit.
Herausforderungen
Lösungen
Wie kommt es dazu?
Ein Murgang (auch Mure oder Rüfe genannt) ist ein breiartiges, oft schnell fliessendes Gemenge aus Wasser und Feststoffen (Sand, Kies, Steine, Blöcke, Holz) mit einem hohen Feststoffanteil von etwa 30 bis 60%. Er tritt im Hochgebirgsraum und in den Voralpen dort auf, wo erosionsanfälliger geologischer Untergrund wie Flysch oder Bündnerschiefer usw. Lockermaterial liefert. Zusätzlich benötigt ein Murgang Wasser und genügend Gefälle (mindestens 25 bis 30%). Alle diese Voraussetzungen sind in vielen Wildbacheinzugsgebieten anzutreffen.
Ursachen
1. Hohe Niederschläge, Schneeschmelze
2. Instabile Uferböschungen und Seitenhänge
3. Gefälle > 15°
4. Verstopfung / Verklausung an Engstellen von Wildbächen
Welche Schäden treten auf?
Ein Murgang besitzt ein beträchtliches Erosionsvermögen, er vermag grosse Geschiebe- und Geröllmassen (Blöcke von mehreren m3 Volumen, Baumstämme, Autos usw.) umzulagern. Es kann zu bedeutender Sohleneintiefung und Destabilisierung von Uferböschungen führen. Ferner beruhen Schäden einerseits auf der Stosswirkung der Murfront, welche durch mitgeführte Steinblöcke noch verstärkt werden kann. Andererseits entstehen Schäden durch die mächtigen Ablagerungen von Blöcken, Schutt und Holz an der Murzunge. Somit können Gebäude, Verkehrswege, jedoch auch Personen von der Zerstörungskraft eines Murganges betroffen sein. Die Gefährdung wird aufgrund von Spuren früherer Ereignisse, der Erhebung des Geschiebepotentials und des Gerinnegefälles beurteilt.
Welche Wirkung hat der Wald?
Der Wald dosiert die Abflussmenge. Der durchwurzelte Boden saugt wie ein Schwamm Wasser auf und gibt es erst allmählich wieder ab.
Herausforderungen
Lösungen
Wie kommt es dazu?
Rutschungen können sich an mässig bis steil geneigten Hängen, vor allem zwischen 10° und 40°, ereignen. Sie sind in ihrer Erscheinung (Grösse, Tiefe, Form der Gleitfläche) sehr vielfältig und laufen je nach Untergrundstruktur, Gesteinsbeschaffenheit, Beteiligung von Wasser sehr unterschiedlich ab. Grundsätzlich vermindert das eindringende Wasser den Zusammenhalt zwischen den Bodenschichten und führt schlussendlich zu einem „Gleiten“ oder „Fliessen“ von ganzen Schichten.
Flachgründige Rutschungen (0-2 m tief) sind meist kleinflächig (ca. 0.5 ha) und zeichnen sich durch eine hohe Rutschaktivität aus.
Mittel- bis tiefgründige Rutschungen (2-10 m bzw. > 10 m) können bis zu mehrere km2 grossen Flächen anwachsen und zeichnen sich durch einen jahrelangen, wenige Zentimeter bis Dezimeter/Jahr fortschreitenden Rutschungsprozess aus.
Ursachen
Welche Schäden treten auf?
Durch die Rutschungen kann die Stabilität von Bauwerken stark beeinträchtigt werden. Dies kann zu Rissen in Mauern, Absenkungen oder gar Kippen von Bauwerken führen (Einwirkungsarten). Im schlimmsten Fall droht Einsturzgefahr.
Rutschungen können auch Schäden an Strassen und Leitungen bewirken. Falls eine Rutschmasse in einen Wasserlauf vordringt und diesen temporär zurückstaut, besteht zudem die Gefahr von Hochwasserdurchbrüchen und Murgängen.
Welche Wirkung hat der Wald?
Die Wurzeln der Bäume befestigen den Boden und entziehen ihm Wasser. Der Wald hält bis zu 30% des Niederschlagswassers zurück, speichert und verdunstet es. Damit bewirkt der Wald die:
(Diese Mykorrhizapilze, welche Wurzeln besiedeln und mit den Pflanzen in Symbiose leben, können mit ihrem weit verzweigten Hyphennetzwerk kleinste Bodenpartikel umgarnen und diese so mechanisch zu Mikroaggregaten zusammenfügen. Zusätzlich werden durch pilzspezifische Stoffwechselprodukte lose Bodenpartikel und Mikroaggregate chemisch miteinander verkittet. Zusammen mit den Feinwurzeln und Wurzeln der Pflanzen etabliert sich so ein stabiles Bodenaggregatsgefüge.)
(Graf, F. et Gerber, W.: 1997. Der Einfluss von Mykorrhizapilzen auf die Bodenstruktur und deren Bedeutung für den Lebendverbau. Schweiz. Z. Forstwes., 148 (11): 863-886.)
Herausforderungen
Lösungen
Wie kommt es dazu?
Intensiver oder langandauernder Regen und/oder Schneeschmelze kann einen erhöhten Wasserabfluss zur Folge haben. Das Gerinne wird zu klein, und Wasser tritt über die Ufer. Ferner können hohe Geschiebeanteile, die zur Auflandung des Gerinnes führen, einer Überschwemmung förderlich sein. Auch Verklausungen, die Wasser stauen, können Überschwemmungen nach sich ziehen. Bei langandauerndem Hochwasserabfluss besteht die Gefahr der Überschwemmung durch einen Dammbruch.
Ursachen
Welche Schäden treten auf?
Hochwasser bedeutet grosse Wassermassen und oft auch hohe Geschwindigkeiten. Durch seine Wucht kann es Menschen und Material mit sich reissen und Bauwerke zerstören. Ufer- und Tiefenerosion können Fundamente von Bauwerken untergraben. Das mitgeschleppte Geschiebe eines Hochwassers führt oft zu Beschädigungen an Kulturland und Bauten. In der Schweiz wird insbesondere seit Mitte des 19. Jahrhunderts sehr viel für den Hochwasserschutz getan.
Welche Wirkung hat der Wald?
Ein stabiler, standortgerechter Wald stellt die günstigste Art der Bodennutzung dar, um einen möglichst hohen Wasserrückhalt bei Starkniederschlägen zu erreichen.
Herausforderungen
Lösungen
Hochwasserschutz wurde schon früh betrieben. Die erste Antwort des Menschen auf die drohenden Überschwemmungen bestand darin, ihnen passiv auszuweichen. Dieser Nutzungsverzicht verlangte eine genaue Ortskenntnis der ansässigen Bevölkerung.
Auf das zunehmende Eindringen des Menschen in die Naturräume reagierte man mit aktiven Massnahmen, d.h. mit technischen Schutzbauten. Der Bau und der Unterhalt waren Sache der Gemeinschaft und wurden darum gemeinsam wahrgenommen (Wuhrgenossenschaften). Diese ersten Massnahmen konzentrierten sich vorwiegend auf jene Gebiete, in denen die Folgen der Hochwasser spürbar waren. Im Überschwemmungsgebiet wurden Dämme errichtet, die das Ziel hatten, den Abfluss möglichst rasch abzuleiten.
Da es sich bei diesen Massnahmen in der Regel um zusammenhangloses Stückwerk handelte, war deren Wirksamkeit sehr lokal und punktueller Natur.
Erst aufgrund von ganzheitlichen Betrachtungen und Erkenntnissen der Forstwissenschafter sowie der Wasserbauer wurde auch dem Entstehungsgebiet der Hochwasser vermehrte Aufmerksamkeit geschenkt.
Die von den Experten vorgeschlagenen Wildbachverbauungen zielten darauf ab, im Oberlauf die Erosion zu vermindern und im Unterlauf das Transportvermögen für Geschiebe zu erhöhen. Die Vorgehensweise bestand darin, die gefährlichen Prozesse mit technischen Massnahmen derart zu beeinflussen, dass sie nicht mehr auf die Schadenpotentiale einwirken können. Die Massnahmen konzentrierten sich nicht nur auf ein Schadenereignis (Schadenbegrenzung), sondern schlossen auch mögliche zukünftige Ereignisse (Prävention) mit ein. Während die ursprünglichen Massnahmen vorwiegend auf gemachten Erfahrungen basierten, enthielten sie nun auch Zukunftsperspektiven.
Mit diesen Überlegungen erfolgte eine Verschiebung von der Symptom- zur Ursachenbekämpfung. Es wurden ganze Flussläufe miteinbezogen und nicht mehr nur an einzelnen schadenbringenden Stellen Massnahmen ergriffen. Dazu war ein einheitliches Vorgehen notwendig, das die ganze Flussstrecke berücksichtigte.
Gefahrengebieten mit Lawinenniedergängen, Steinschlag, Erosionen und Murgängen ist die Bergbevölkerung ebenfalls häufig passiv ausgewichen. Daneben wurden seit dem Mittelalter an zahlreichen Orten Bannwälder ausgeschieden. Parallel dazu haben vor allem die Walser ihre einzelnen Höfe mit Spaltkeilen und Ebenhöchs vor Lawinen geschützt. An einigen Orten hat man versucht, Siedlungen durch Erstellung von Leitdämmen und Ablenkmauern zu schützen. Ebenso bekannt sind Lawinenunterstände (Lawinengruften) und Galerien zum Schutz der Alpenstrassen seit anfangs 18.Jh.
Bereits im 17.Jh. wurden im Wallis Gräben zur Verankerung der Schneedecke erstellt, welchen ähnliche Arbeiten in Graubünden folgten. Karl Albrecht Kasthofer kannte im Jahre 1816 die Pfähle aus dem Wallis, welche im Anrissgebiet Lawinenniedergänge verhindern sollen. Kasthofer forderte die Verhinderung der Entstehung von Lawinen, wozu er auch Schutzwaldaufforstungen zählte. Damit ist der Grundstein gelegt für den späteren erfolgreichen Lawinenverbau im Anbruchgebiet.
Der erste „Bericht Landolt“, welcher durch verschiedene verheerende Schäden (1834, 1839 u.a.) ausgelöst wurde, veranlasste – auf Intervention des Schweizerischen Forstvereins – die Bundesversammlung zur Bewilligung eines Kredites von Fr. 10‘000.- für das Jahr 1865. Dies war der Vorläufer der Bundessubventionen, ohne welche der Lawinen-, Bach- und Flussverbau kaum möglich wäre.
Nach dem Katastrophenereignis von 1868 beschloss die Bundesversammlung im Jahre 1871, einen Bundesbeitrag für Schutzbauten an Wildwassern und für Aufforstungen im Hochgebirge freizugeben. Dieses sog. Subventionsgesetz sah eine jährliche Aufstockung des Schutzbautenfonds von 1868 vor.
Der Verfassungsartikel betreffend die Oberaufsicht des Bundes über die Wasserbau- und Forstpolizei aus dem Jahre 1874 und das Bundesgesetz betreffend die Oberaufsicht des Bundes über die Forstpolizei im Hochgebirge von 1876 stellten die rechtlichen Grundlagen für die Subventionierung wasserbaulicher und forstlicher Projekte durch den Bund dar. Damit wurden gleichzeitig die Wiederherstellung der Gebirgswälder und die damit verbundenen Verbauungen und Aufforstungen als vorrangige öffentliche Aufgabe anerkannt.
Die Oberaufsicht des Bundes über die Wasserbaupolizei umfasste von Anfang an das ganze Landesgebiet. Dies war auch naheliegend, weil die verfügbaren Mittel der Wasserbaupolizei jene der Forstpolizei um ein Vielfaches übertrafen und in erster Linie am Unterlauf der Flüsse für die grossen Flusskorrektionen eingesetzt wurden.
Die Rahmenbedingungen für die Gewährung von Bundesbeiträgen an forstliche Massnahmen basierten auf den Empfehlungen der technischen Expertenkommission. Der Subventionssatz wurde ursprünglich auf ein Drittel der Gesamtkosten festgelegt. Da dieser Anreiz für forstliche Vorhaben viel zu gering war, blieb der Erfolg eher bescheiden. Ein wichtiges Ziel der Wasserbaupolizei, d.h. die Behebung der Ursachen am Entstehungsort, konnte damit nicht erreicht werden. Dieser Umstand führte dazu, dass im Forstpolizeigesetz von 1876 die Bundesbeiträge auf maximal 70 % der Kosten erhöht wurden.
Im Jahre 1902 wurde das Forstpolizeigesetz auf die ganze Schweiz ausgedehnt und auch flächendeckend das grundsätzliche Kahlschlagverbot eingeführt. Wichtigste Beweggründe dafür waren:
Die Liste beitragsberechtigter Massnahmen wurde wesentlich erweitert. Fortan gab es –vorbehältlich Mitfinanzierung der Kantone – für folgende Leistungen Bundesbeiträge:
Der erste eigentliche Lawinenverbau im Anbruchgebiet geht auf die Initiative und das persönliche Engagement von J.W.F. Coaz zurück. Auf der Motta d’Alp in Tschlin wurden ab 1868 massive Trockenmauern erstellt, Bermen angefertigt und erstmals rottenartige Baumpflanzungen ausgeführt. Erste grössere Aufforstungen im Einzugsgebiet von Wildbächen erfolgten in der Landschaft Davos ab 1874. Ähnliche Bemühungen sind aus dem Oberengadin dokumentiert, wo in den Jahren 1875 – 1934 auf einer Fläche von 681 ha neue Wälder, vorwiegend zum Schutz vor Lawinen, begründet wurden.
In den eigentlichen Aufforstungsgebieten wurden die Anrissflächen von Lawinen fast ausschliesslich mit Bermen und Verpfählungen „verbaut“. Sehr bald erkannte man, dass diese lediglich als Gleitschneeschutz wirken und Lawinenanrisse nicht zu verhindern vermochten. Deshalb errichtete man um die Jahrhundertwende und später an verschiedenen Orten, zum Teil weit oberhalb der Waldgrenze, freistehende Mauern und Mauerterrassen.
Alle bis zu jenem Zeitpunkt erworbenen Kenntnisse und Erfahrungen sowie die getroffenen Massnahmen genügten nicht, eine wirksame Stabilisierung der Schneedecke im Anrissgebiet zu erwirken. Mit der Gründung des Eidgenössischen Institutes für Schnee- und Lawinenforschung (SLF) im Jahre 1942 begann die systematische Erforschung des Schnees und der Lawinenbildung. Letztlich war aber der Lawinenwinter 1951 der Auslöser für die Entwicklung neuer Lawinenverbauungstypen, welche auch grössere Werkhöhen erlaubten und dauerhafter waren als die bisherigen Trockenmauerwerke. Im Spätherbst 1951 gelangten Schneebrücken aus Leichtmetall (Aluminium) erstmals zum Einsatz. Im August 1952 begann der Einbau der ersten Schneebrücken aus Vorspannbeton-Elementen (VOBAG) in der Verbauung „Milez“ im Tujetsch. Hinzu kam ein grundsätzlich neuer Typ, das Schneenetz (Kabelwerke Brugg AG), erstmals in der Verbauung „Schafberg“ in Pontresina sowie oberhalb Sils Baselgia. Im Herbst 1955 wurden im Tirol erstmals Schneebrücken aus Stahl eingebaut. Stahlwerke erlangten eine laufende Verbesserung und Perfektionierung, auch im Hinblick auf die Schonung der Bodennarbe, sodass heute fast ausschliesslich diese Werktypen, in der Regel mit Hilfe von maschinell gebohrten Ankerlöchern, zum Einsatz kommen. Einzig in Steinschlaggebieten haben inzwischen deutlich verbesserte Stahlnetze eine gewisse Verbreitung.
Das damalige Oberforstinspektorat (heute BAFU, Abt.Wald) ist von Gesetzes wegen das Aufsichtsorgan für die Lawinenverbauungen und übernimmt auch den grössten Teil der Kosten. Deshalb wurden die Vereinheitlichung der Werktypen angestrebt, Weisungen für die Berechnungen und die Anordnung der Verbauungen erlassen.
Daneben erarbeitete das SLF im Auftrag des Bundesamtes Wegleitungen für den temporären Lawinenverbau mittels Holzrechen und Holzbrücken sowie für die damit zu schützenden Aufforstungen.
Daneben erarbeitete das SLF im Auftrag des Bundesamtes Wegleitungen für den temporären Lawinenverbau mittels Holzrechen und Holzbrücken sowie für die damit zu schützenden Aufforstungen.
In den ersten Jahren bis 1914 war es vor allem dem weitsichtigen ersten Eidgenössischen Oberforstinspektor J.W.F. Coaz zu verdanken, dass zahlreiche Schutzwälder wieder hergestellt, Aufforstungen ausgeführt und Lawinenverbauungen erstellt werden konnten. Verschiedene Persönlichkeiten beim Bund und in den Kantonen haben diese Bemühungen unterstützt und die angefangene Aufbauarbeit fortgesetzt. Insbesondere die zahlreichen Lawinenniedergänge von 1951 lösten eine Flut von Sicherungsmassnahmen aus und bewirkten einen massgebenden Entwicklungsschub bei der Verbautechnik.
Das Lawinen-Verbauwesen gliedert sich in:
Als Massnahmen zur Erreichung des Schutzzieles werden jeweils geprüft:
Weitaus am häufigsten war bisher der Anrissverbau. Lawinenchroniken und Aufzeichnungen, insbesondere auch Beobachtungen von Einheimischen, geben bereits gute Anhaltspunkte über die Gefahrenstellen. Hinzu kommen Fotomaterial und Geländestudien. Ausserdem wird die maximale Schneehöhe anhand von Schneepegelmessungen ermittelt.
Permanente Verbauungen werden heute ausnahmslos mit Stützwerken aus normiertem Stahl ausgeführt.
Der temporäre Stützverbau beschränkt sich heute auf Verbauungsflächen innerhalb des Waldgürtels. Seine Wirkungsdauer ist auf 30-40 Jahre begrenzt. An seiner Stelle muss später der aufgeforstete Wald die Schutzfunktion übernehmen. Die temporären Stützwerke werden vorwiegend mit Kastanienholz erstellt.
Als Alternative zum Anrissverbau wird die Errichtung von Auffang- und Leitdämmen geprüft. Leitdämme sind in der Anlage heikel. Bei falscher Disposition kann genau die gegenteilige Wirkung erreicht werden.
Einzelschutzmassnahmen wie Ebenhöchs und Spaltkeile hinter Gebäuden, elektrischen Masten und dergleichen sind seltener geworden.
Zum Schutz von Strassen und Wegen werden Galerien gebaut. Sie gewähren einen umfassenden Schutz für Verkehrsträger.
Erstmals nach den Lawinenniedergängen im Jahre 1975 wurden Umsiedlungen aktuell. Zum Schutz der Fraktionen Acla in Medel Lucm. und Caprau bei Disentis wären grosse Anrissverbauungen notwendig gewesen, deren materielle und finanzielle Aufwendungen im Vergleich mit den zu schützenden Objekten in einem sehr ungünstigen Verhältnis standen.
Bei der Wahl der Massnahmen wird jeweils zwischen Kosten, Nutzen und späterem Unterhalt optimiert. In neuerer Zeit werden wegen des ungünstigen Kosten-Nutzen-Verhältnisses gewisse Risiken bewusst in Kauf genommen und in Zonen grosser Gefahr bestimmte Nutzungen durch raumplanerische Vorgaben ausgeschlossen.
Die Wasserbaupolizei gehörte von Anfang an zu einem selbständigen Sektor der Bundesverwaltung. In ihren Ursprüngen ging es in erster Linie um die grossen Flusskorrektionen und Verbauungen in tieferen Lagen. Lediglich die Sanierung und Verbauung von Wildbächen war beim Forstdienst angesiedelt und wird auch heute noch in einigen Kantonen unter forstamtlicher Leitung ausgeführt.
Am Anfang standen im Gebirge die Erhaltung und der Wiederaufbau des Schutzwaldes im Vordergrund. Deshalb wurde auch der Lawinenverbau eine Aufgabe des Forstdienstes und ist es bis heute geblieben.
In Graubünden ist der Schutz vor Naturgefahren traditionell die Domäne des Forstdienstes. Dazu zählen Lawinenverbauungen, Aufforstungen, Hangverbauungen und kleinere Bachsanierungen, Steinschlagschutz sowie insbesondere die Pflege des Schutzwaldes.
Bach- und Flussverbauungen liegen im Aufgabenbereich der Fachstelle Wasserbau des kantonalen Tiefbauamtes, den Schutz von öffentlichen Verkehrswegen besorgen das Tiefbauamt, bei Nationalstrassen neuerdings der Bund, sowie die Rhätische Bahn resp. die Matterhorn Gotthard Bahn.
Bei der finanziellen Unterstützung gab es immer wieder Wellenbewegungen. Eher ruhigen Phasen folgten Grossereignisse und parlamentarische Vorstösse, welche die Aufstockung der Mittel auslösten. In neuester Zeit spielen Argumente des Klimawandels und der damit prognostizierten Häufung von Naturereignissen wie auch regelmässig auftretende Schäden trotz Sparmassnahmen bei den Korrekturen der Budgets mit.
Gestützt auf die Forstgesetzgebung der Jahre 1876 bzw. 1902 und das Waldgesetz von 1991 sowie die entsprechenden Anschlussgesetzgebungen der Kantone, haben der Forstdienst und die Waldbesitzer bis heute Erstaunliches geleistet. Es ist ihnen dank finanzieller Unterstützung durch Bund und Kanton weitgehend gelungen, den Wald so wieder herzustellen, dass er seine Aufgaben erfüllen kann. Allerdings dürfen die sanierten und wieder aufgeforsteten Flächen nicht darüber hinwegtäuschen, dass diese Wälder vielfach gleichförmig aussehen, wegen teils ungenügender Stabilität verschiedenen Naturgefahren ausgesetzt und oft schwierig zu verjüngen sind.
Zahlreiche Lawinenverbauungen zeugen von den langjährigen Präventions- und Wiederherstellungsarbeiten. Umfangreiche Aufforstungen, oft in Kombination mit temporären Lawinenverbauungen aus Holz, warten allerdings teilweise immer noch auf ihre Bewährungsprobe, denn in Hochlagen mit aussergewöhnlichen klimatischen Bedingungen wachsen Bäume sehr langsam und können oft erst nach 50-80 Jahren ihre Schutzfunktion vollständig ausüben. Rückschläge gehören zum Alltag des Gebirgswaldes und stellen ganze Förstergenerationen manchmal auf harte Geduldsproben. Langfristiges Denken ist Grundvoraussetzung für erfolgreiches Wirken im Gebirgswald.
Zu den grösseren Lawinenverbauungen in der Surselva zählen:
Gemeinde | Projektname |
Tujetsch | Selva/Milez |
| Scharinas |
| L‘Ondadusa |
Disentis/Mustér | Clavaniev Muotta dil Tir |
| Clavaniev Plaunca Hermé |
| Val Sogn Placi (Leitdämme) |
Medel Lucm. | Stgegia |
| Crap Stagias |
Sumvitg | Val Murtès |
| Val Rabius |
| Val Rabius (Auffangdamm) |
| Ils Ners-Sut la Crusch |
| Barschaus (Tunnel) |
Trun | Munt |
| Cavistrau |
| Val Punteglias (Auffangdamm) |
Schlans | Alp da Schlans |
Breil/Brigels | Vallettas |
| Crest la Crusch |
| Platta Liunga-Tschegn |
Vals | Am Horn |
| Hornegg |
| Gufer |
| Alpbüel |
| Guliflanke |
| Gulitobel |
| Riederbüel |
| Leisalp (Dammbauten) |
Safien | Salpenna |
| Gün |
| Plangghorn |
Versam-Tenna | Aclatobel (Tunnel) |
Versam | Buchwald |
Trin | Platt‘Alva |
Im Winter 1999 kam es in weiten Teilen des Alpenraums von den französischen Hochalpen über die Schweiz bis ins Tirol zu zahlreichen Lawinenniedergängen mit teilweise katastrophalen Folgen. Der Grund dafür waren drei aufeinander folgende mehrtägige Nordwest-Staulagen (26.-29. Januar, 5.-10. Februar und 17.-24. Februar), die zu lang anhaltenden intensiven Schneefällen führten. Innerhalb von knapp fünf Wochen fielen in grossen Teilen des Alpenraumes mehr als 5 m Schnee, und es herrschte erstmals während mehreren Tagen die höchste Gefahrenstufe 5 („sehr gross“) der europäischen Lawinengefahrenskala. Viele Verkehrswege im Alpenraum waren unterbrochen und ganze Talschaften von der Umwelt abgeschnitten. Hunderttausende von Touristen waren betroffen. Die drei verheerendsten Lawinenniedergänge waren in Chamonix/Montroc (F) mit 12, Evolène (Wallis, CH) mit 12 und Galtür (A) mit 31 Todesopfern zu beklagen.
In der Schweiz gab es rund 1200 Schadenlawinen mit insgesamt 17 Todesopfern in Gebäuden und auf Strassen. Die damit verbundenen direkten und indirekten Sachschäden beliefen sich auf über 600 Millionen Franken.
Um die richtigen Lehren für den zukünftigen Umgang mit Lawinenwintern zu ziehen, hat das SLF im Auftrag des Bundesamtes für Umwelt (BAFU) im Jahre 1999 eine umfassende Ereignisanalyse eingeleitet. Forschende und Fachexperten haben die Lawinenprozesse, die Güte der Gefahrengrundlagen und die Wirkung der Schutzmassnahmen untersucht sowie die Effizienz der Warnungen und des Krisenmanagements überprüft. 10 Jahre später lässt sich erkennen:
Unterhalt der Schutzbauten
Die umfangreichen Investitionen beim baulichen Lawinenschutz, welche seit dem Lawinenwinter 1950/51 getätigt wurden, hatten sich 1999 grösstenteils bewährt. Die Zahl der Todesopfer war 1999 (17 Tote) im Vergleich zu 1950/51 (98 Tote) viel geringer, trotz des sehr grossen Touristenaufkommens in der Lawinensituation, die genau in die Ferienzeit fiel. Viele Lawinenverbauungen stiessen jedoch an ihre Belastungsgrenze. Das SLF hat deshalb bei der kürzlichen Überarbeitung der massgeblichen Richtlinien für den Lawinenverbau die extremen Schneehöhen vom Winter 1999 berücksichtigt. Der finanziell sehr aufwendige Unterhalt der bestehenden Bauwerke wird für alle Beteiligten zukünftig eine grosse Herausforderung darstellen.
Interkantonales Frühwarn- und Kriseninformationssystem IFKIS
Die Beteiligten müssen besser miteinander vernetzt werden. So können Interventionsmassnahmen früher eingeleitet und effizienter umgesetzt werden. Deshalb entwickelte das SLF das Interkantonale Frühwarn- und Kriseninformationssystem IFKIS. Über die zentrale Informationsplattform (IFKIS-Info Manager) können die Sicherheitsverantwortlichen in Kantonen und Gemeinden nationale und regionale Lawinenbulletins sowie Schneedecken- und Wetterdaten abfragen. In das Massnahmen-Informationssystem (IFKIS-MIS) können die Sicherheitsverantwortlichen getroffene Massnahmen (Strassenschliessungen, Evakuationen) oder Ereignisse (Lawinenabgänge) eintragen und so den anderen Teilnehmern zugänglich machen.
Ausbildung und Organisation der Lawinendienste
Die Organisation und der Ausbildungsstand der Lawinendienste müssen ausgeglichen und verbessert werden. Zu diesem Zweck hat das SLF in Zusammenarbeit mit dem BAFU eine Checkliste für die Organisation erarbeitet sowie ein Ausbildungskonzept entwickelt und umgesetzt. Bereits sind deutliche Fortschritte zu erkennen.
Besseres Lawinenverständnis
Raumplanung muss gefahrenbewusst sein, d.h. sie soll die Naturgefahren respektieren und Freiräume für ausserordentliche Ereignisse schaffen. Für die Gefahrenkartierung (Gefahrenzonenpläne) und für die Dimensionierung von Schutzbauten werden zusätzliche Informationen über das Fliessverhalten von Lawinen benötigt. Deshalb untersucht das SLF Auslaufstrecken, Fliessgeschwindigkeiten und Druckkräfte der Lawinen und entwickelt Software für die Modellierung und Simulation von Lawinenniedergängen. Ebenso wird das Modell zur Berechnung der Beschaffenheit von Schneedecken in den Regionen verbessert, indem Aufbau und räumliche Verteilung der Schneedecke weiter untersucht werden. Diese Erkenntnisse fliessen auch in die täglichen Lawinenbulletins ein.
Das SLF und das BAFU stellen fest, dass auch in Zukunft Politik, Behörden und Forschende gleichermassen gefordert sind. Letztlich seien es aber die Lawinendienste, welche die Verantwortung für die Sicherheit der Bevölkerung vor Ort tragen und in Krisensituationen rasch die richtigen Entscheidungen treffen müssen.
Hochwasser- und Lawinen-Katastrophen sind nicht einfach Einwirkungen höherer Gewalt, sondern entstehen aus der Wechselwirkung von Naturereignissen und menschlichen Tätigkeiten.
Durch die intensive räumliche Nutzung von gefährdeten Gebieten verstärkt die Gesellschaft ihre Risikoanfälligkeit. Deshalb kann nur ein gezieltes Risikomanagement das Schadenpotenzial reduzieren.
Das Schadenausmass durch Naturereignisse nimmt ständig zu. Die Gründe dafür sind vielfältig: Wertsteigerung und -konzentration, verletzlichere Infrastrukturen, steigende Ansprüche an Mobilität und Kommunikation, grössere Unsicherheiten infolge des Klimawandels etc.
Wenn es in den Bergen warm wird, schmelzen die Gletscher weg, tauen die Permafrostböden an bisher stabilen Hängen auf, und das wärmere Klima bringt mehr Stürme, Stakniederschläge, Hochwasser und Erdrutsche. Seit längerer Zeit wird vermutet, dass die Häufung von Naturereignissen nicht nur ein Merkmal des veränderten Klimas sein wird, sondern dass zunehmende Witterungsextreme zum Klimawandel als Prozess gehören. Zwar hat die Bergbevölkerung Erfahrung im Umgang mit Naturgefahren, doch die neuen durch den Klimawandel dingten Risiken beunruhigen auch routinierte Fachleute.
Sicherheit ist eines der wesentlichen Grundbedürfnisse des Menschen und Grundvoraussetzung für eine prosperierende Gesellschaft. Dazu gehört auch der Schutz vor Naturgefahren. Einen absoluten Schutz bieten weder der Wald allein, noch Wald in Kombination mit Schutzbauten. Einerseits ist Wald nichts Statisches, und andererseits sind Verbauungen in der Regel auf bestimmte Naturgefahren ausgerichtet, während sie gegenüber anderen Gefahren keinen ausreichenden Schutz bieten. Ein gewisses Risiko muss immer in Kauf genommen werden. Ziel ist es, Risiken zu mindern, neue Risiken möglichst zu verhindern und vor allem einen breiten Dialog zum Risikobewusstsein in der Gesellschaft in Gang zu bringen.
Eine wichtige Aufgabe besteht ausserdem darin, die bestehenden Verbauungen periodisch und – vor allem nach grösseren Naturereignissen – sorgfältig auf ihre Schutztauglichkeit zu überprüfen und bei Bedarf zu unterhalten. Neuere Erkenntnisse werden zeigen, ob die damaligen Berechnungen richtig waren, oder ob die Werke allenfalls an die heutigen Bedürfnisse angepasst und ergänzt werden müssen.
Die gesetzlichen Bestimmungen sehen den Schutz des Menschen und seiner natürlichen Lebensgrundlagen sowie den Schutz von erheblichen Sachwerten vor den Folgen von Naturgefahren vor.
In einer Risikoanalyse werden die Naturgefahren selbst (Gefahrenanalyse, Gefahrenpotential) und die gefährdeten Objekte (Expositions- und Folgenanalyse, Schadenpotential) untersucht, um aufgrund einer Risikobewertung Schutzdefizite festzustellen und geeignete Massnahmen zu konzipieren.
Der Bundesrat verlangt, dass der Schutz vor Naturgefahren nicht nur für die Bevölkerung im Alpenraum, sondern für die Bevölkerung in der ganzen Schweiz zu gewährleisten sei. Zudem will er im Sinne eines umfassenden Risikomanagements einen gesamtschweizerisch vergleichbaren Sicherheitsstandard erreichen.
Unter Risikomanagement wird der Prozess der Identifikation, Auswahl und Umsetzung von Massnahmen zur Reduktion, Steuerung und Regulierung von Risiken verstanden. Als Mittel dazu dienen politisch gesetzte Grenzwerte, ökonomische resp. finanzielle Anreize, Haftungsregelungen, Planungstechniken und bildungsfördernde oder verhaltensbeeinflussende Massnahmen.
Das integrale Risikomanagement beinhaltet den systematischen Umgang mit Risiken auf der Basis eines Managementkonzeptes. Risiken werden erkannt, anhand anerkannter und bewährter Massstäbe beurteilt und mit einer optimalen Kombination aus planerischen, organisatorischen, technischen und biologischen Massnahmen reduziert.
Vor Extremereignissen gibt es keinen absoluten Schutz. Die effizienteste Prävention bei Naturgefahren erfolgt durch eine angepasste Nutzung des Raumes, indem man versucht, den Gefahren auszuweichen resp. Gefahrengebiete zu meiden. Wo dies nicht möglich ist, werden Massnahmen baulicher oder organisatorischer Art eingesetzt, um die Gefahr abzuwenden oder die Schäden zu reduzieren. Dabei kommt der Reduktion der Verletzbarkeit von Bauten und Anlagen eine grosse Bedeutung zu (Objektschutz). Der Schutz soll vor allem auch durch einen sachgerechten Unterhalt der Gewässer und der Schutzwälder langfristig gewährleistet werden.
Die PLANAT (Nationale Plattform Naturgefahren) hat im Auftrag des Bundesrates eine übergeordnete und vernetzte Strategie zur Verbesserung der Sicherheit vor Naturereignissen ausgearbeitet. Diese steht unter dem Motto „Von der Gefahrenabwehr zur Risikokultur“ und schlägt einen eigentlichen Paradigmenwechsel im Umgang mit Naturgefahren vor. Die Sicherheitsplanung soll sich nicht mehr darauf beschränken, innerhalb von klar abgegrenzten Zuständigkeitsbereichen einzelne Werte vor bestimmten Gefahrenprozessen zu schützen. Statt Hochwasser, Steinschlag, Rutschungen oder Lawinen isoliert zu betrachten, sollen alle beteiligten Fachstellen die gesellschaftlichen Schutzinteressen ganzheitlich und interdisziplinär wahrnehmen. Als besonders wichtige Massnahmen wurden formuliert:
Das integrale Risikomanagement strebt die Gleichwertigkeit von Prävention, Intervention und Wiederinstandstellung resp. Unterhalt an. Dies bedeutet, dass
als grundsätzlich gleichwertig zu betrachten sind.
Die Massnahmen werden aufgrund eines Kosten-Nutzen-Vergleiches und unter Berücksichtigung der verschiedenen Interessen und der Verhältnismässigkeit abgewogen. Im konkreten Fall soll dann die jeweils nachhaltigste Kombination dieser Massnahmen ausgewählt werden.
Das BAFU hat den Auftrag, den Schutz der Bevölkerung und grosser Sachwerte vor Naturgefahren im Aufgabenbereich des Bundes sicherzustellen.
Neue Herausforderungen wie etwa zunehmende Schadenhäufigkeit infolge Klimaveränderung, erhöhte Schutzansprüche wegen Vergrösserung des Schadenpotentials und ständiger Ausweitung vom Menschen beanspruchter Flächen verlangen nach neuen Forschungsansätzen im Rahmen von umfassenden Forschungsprogrammen. Die Erkenntnisse sollten dann aber mit geeigneten Methoden in die Praxis umgesetzt werden können. Für das Austesten dieser Methoden und die Aus- und Weiterbildung stehen heute beispielsweise die Schweizerische Gebirgswaldpflegegruppe (GWG), die Kommission Hochwasserschutz (KOHS), die Fachleute Naturgefahren (FAN) oder die Eidg. Expertenkommission für Lawinen- und Steinschlagschutz (EKLS) zur Verfügung.
Das integrale Risikomanagement beinhaltet neben den bisherigen konventionellen Schutzbauten und den Wiederinstandstellungen eine Verstärkung der Bemühungen im Bereich Schutzwaldpflege, aber auch eine Überprüfung der Organisationsstrukturen bei Soforteinsätzen. Neu kommen eine Verbesserung der raumplanerischen Grundlagen und Vorgaben (Ereigniskataster, Gefahrenkarten, Nutzungsplanungen etc.) und eine Ausweitung der Beurteilung auf alle Arten von Naturgefahren hinzu.
In den Bergregionen ist der Anteil Schutzwald besonders gross. Ausserdem konzentrieren sich Naturereignisse mit unmittelbaren Schäden an Menschen und erheblichen Sachwerten vor allem auf die steilen Lagen der Berggebiete. Deshalb kommt den Bergkantonen die Aufgabe zu, ihre langjährigen Bemühungen weiterzuführen, neue Erkenntnisse mitzuberücksichtigen und ihre Aktivitäten aufgrund der erhöhten Risiken zu verstärken.
In Graubünden sind auf kantonaler Ebene in erster Linie das Amt für Wald mit seinen 5 regionalen Aussenstellen, das Tiefbauamt und die Fachstelle Wasserbau, vermehrt auch das Amt für Raumentwicklung und das Amt für Landwirtschaft und Geoinformation (Geoinformatik, Meliorationen) in diese Aufgaben involviert. Bei gemeindeeigenen Projekten, welche von Bund und Kanton massgeblich mitfinanziert werden, arbeiten Kanton und Gemeinden naturgemäss eng zusammen.
Im Kanton Graubünden gibt es derzeit etwa 930 Verbauungsgebiete, aufgeteilt in Lawinen-, Steinschlag-, Hang- und Bachverbauungen. Diese zahlreichen Schutzbauten wurden über mehrere Generationen hinweg errichtet und laufend den aktuellen Bedürfnissen angepasst.
Da diese wichtige Aufgabe die finanziellen Möglichkeiten der betroffenen Gemeinden bei weitem übersteigt, werden Schutzbauten gegen Naturgefahren als Verbundaufgabe von Bund, Kanton und Gemeinden wahrgenommen. Die Subventionen sollen es den Gemeinden ermöglichen, den gesetzlichen Auftrag – nämlich den Schutz von Menschen und erheblichen Sachwerten vor Naturereignissen – zu erfüllen.
Bei der operativen Umsetzung wurden bis vor 2008 sämtliche Verbauungsprojekte, unabhängig von der Grösse und den Kosten, dem Bund zur Genehmigung vorgelegt. Nachteilig am bisherigen System war aus gesamtgesellschaftlicher Sicht die einseitige Kostenorientierung, d.h. je teurer ein Projekt war, desto höher waren die Subventionen. Der Anreiz, neben den oft teuren Schutzbauten auch Varianten mit organisatorischen, planerischen oder waldbaulichen Schutzmassnahmen zu prüfen, war gering.
Mit der Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA) erfolgt die Subventionierung neu leistungsorientiert im Rahmen vierjähriger Programmvereinbarungen und entsprechender Globalbeiträge des Bundes (effor 2). Der Bund beschränkt sich bei der operativen Einflussnahme auf komplexe Projekte, welche raumwirksame Eingriffe darstellen, auf verschiedene Interessen abzustimmen sind und auf allen Stufen koordiniert werden müssen (integrales Risikomanagement auf Stufe Bund). Neu wird unterschieden zwischen
Wenn sich Einzelprojekte nach dem integralen Risikomanagement orientieren, technisch optimiert sind, Umweltanliegen und soziale resp. regionale Aspekte berücksichtigen, können höhere Bundesbeiträge ausgelöst werden.
Im Sinne der NFA und von effor 2 werden im Programm „Schutzwald“ folgende Massnahmen im Rahmen von vierjährigen Programmvereinbarungen von Bund und Kanton mitfinanziert:
Der Nachhaltigkeit wird Rechnung getragen, indem für die Schutzwaldpflege die Wegleitung „Nachhaltigkeit und Erfolgskontrolle im Schutzwald“ (NaiS) verbindlich gilt.
Das integrale Risikomanagement schliesst Bundesbeiträge ausserhalb des Schutzwaldperimeters aus. Ausserdem werden die Programmvereinbarungen an weitere Vorgaben des Bundes geknüpft.
Mit dem Programm „Waldwirtschaft“ will der Bund in erster Linie eine wettbewerbsfähige Holzproduktion fördern und Anreize für neue Formen der Zusammenarbeit zwischen Forstbetrieben und Holzwirtschaft schaffen.
In den Programmvereinbarungen sind für den Schutzwald folgende Leistungen mit Beiträgen von Bund und Kanton von Bedeutung:
Die Aspekte der Nachhaltigkeit müssen in die Waldentwicklungsplanung einfliessen. Dazu gehört ein entsprechendes Controlling.
Die Grundsätze der Erhaltung und Förderung der Biodiversität im Wald gelten für die gesamte Waldfläche. Als Grundlage dienen das kantonale Rahmenkonzept Naturschutz im Wald und das kantonale Konzept Waldreservate. Weil im Schutzwald die Erhaltung der Schutzfunktion oberste Priorität hat, sind dort Waldreservate in der Regel nicht oder nur ausnahmsweise möglich. Hingegen haben der naturnahe Waldbau auf standortskundlicher Grundlage, die Pflege naturkundlich wertvoller Waldflächen (z.B. Waldränder) und die Förderung einzelner seltener und gefährdeter Arten auch im Schutzwald einen sehr hohen Stellenwert.
Für die Waldbiodiversität werden zwischen Bund und Kantonen ebenfalls vierjährige Programme vereinbart. Die Aufgabenteilung erfolgt im Sinne der NFA